Das Problem: Blindleistung, cos Φ, Oberschwingungen, Lastschwankungen
So entsteht Blindleistung
Die meisten Verbraucheranlagen entnehmen dem Netz Wirkleistung und Blindleistung. Die Wirkleistung wird in mechanische Leistung umgesetzt. Die Blindleistung wird benötigt, um bei Motoren, Transformatoren und Drosseln die Magnetfelder auf- und abzubauen. Aber auch Stromrichter und andere mit Phasenanschnitt arbeitende Geräte benötigen Blindleistung. Weit über 50% des gesamten Blindleistungsbedarfs wird von Motoren verursacht. Die Blindleistung pendelt zwischen Generatoren und Last hin und her. Aus Wirk- und Blindleistung ergibt sich die Scheinleistung (Produkt aus Spannung und Strom). Der cos φ (Leistungsfaktor) drückt das Verhältnis von Wirk- zu Scheinleistung aus. Bei einem cos φ von 1 wird nur Wirkleistung übertragen.
Das belastete Netz
grün - Wirkleistung, rot - Blindleistung
Negative Folgen von Blindleistung
Energieerzeuger und Netzbetreiber müssen die Scheinleistung S (siehe Bild) bereithalten und übertragen.
Das heißt: Generatoren, Transformatoren, Leitungen, Schaltgeräte, aber auch die Verbraucheranlagen müssen
für die höhere Scheinleistung bemessen werden.
Die Versorgungsunternehmen, aber auch die Energieabnehmer haben hierdurch erheblichen Mehraufwand für Anlagen und darüber hinaus nicht unerhebliche zusätzliche Strom-/Wärme-Verluste.
Die Versorgungsunternehmen stellen deshalb Blindenergiekosten zum Teil oder in voller Höhe in Rechnung. Je niedriger der cos φ,
umso höher ist die Belastung für alle Übertragungseinrichtungen, die CO2 Emission aber auch die Stromrechnung.
Blindleistung
Obwohl die mechanische Wirkung des Motors nur 500 kW erfordert, wird das Netz mit einer Scheinleistung von 714 kVA also mit 143% der Wirkleistung belastet.
Oberschwingungen
Der zunehmende Einsatz von Verbrauchern (z. B. der Leistungselektronik) mit nicht-linearer Kennlinie,
die dem Netz trotz sinusförmiger Spannung einen nicht-sinusförmigen Strom entnehmen, führt zu steigender Oberschwingungsbelastung.
Oberschwingungen sind Ströme mit ganzzahligem Vielfachen der Netzfrequenz (50 oder 60 Hz). In der Praxis können Oberschwingungen bis zur 50. Harmonischen von Bedeutung sein.
Die größte Bedeutung für 50 Hz Netze und Anlagen haben die 5. (250 Hz), 7. (350 Hz), 11. (550 Hz) und 13. (650 Hz) Oberschwingung (Harmonische).
Aber auch die 3. und 9. Harmonische gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Der Gesamtpegel der Oberschwingungen wird in %-THDU oder THDI angegeben. Je höher der THDU oder der THDI, umso höher ist die Netz- und Anlagenbelastung.
Negative Folgen von Oberschwingungen
Oberschwingungsströme sind eine Zusatzbelastung für alle elektrischen Systeme. Die Folgen können sein:
- Erhöhte Energiekosten durch Strom-Wärmeverluste,
- Störungen an Kommunikations- und Steuereinrichtungen,
- Rüttelmomente und ungleichmäßiger Lauf von elektrischen Maschinen,
- Verkürzung der Lebenserwartung
- Überlastung von elektrischen Anlagen und Geräten,
- mangelhafte Produkt- und Verfahrensqualität,
- erhöhte CO2-Belastung.
Symbolische Darstellung eines mit Blindstrom- und Oberschwingungen belasteten Systems
Schnelle Lastwechsel
Die Lastdynamik nimmt in industriellen und gewerblichen Netzen immer mehr zu. Oft stehen einer relativ moderaten Grundlast wenige Großverbraucher mit hochdynamischen Belastungskennlinien gegenüber.
Verbraucher mit schnell wechselnder Belastung wie Schweißgeräte, Knetwerke, Krananlagen usw. verursachen große Wirk- und Blindleistungsschwankungen.
Negative Folgen von schnellen Lastwechseln
- stoßartig auftretende Überströme,
- instabile Spannungsverhältnisse,
- Unsymmetrien,
- erhöhte Verluste,
- erhöhte Anlagenkosten,
- Flickererscheinungen,
- mangelhafte Produkt- und Arbeitsqualität,
- erhöhte CO2-Belastung.
Kapazitive Netzbelastung
In Versorgungsnetzen oder Anlagen mit hohem Kabelanteil, mit Solar- oder Windkrafteinspeisungen oder anderen großen Anschlussleistungen, die mit einem cos φ nahe 1 arbeiten, kann es durch die kapazitive Ladeleistung der Kabel, zu bestimmten Tageszeiten, zu einem kapazitiven cos φ kommen.
Negative Folgen der kapazitiven Netzbelastung
Die Folgen sind ähnlich wie bei der induktiven Belastung. Zusätzlich besteht die Gefahr von Spannungserhöhungen bzw. Spannungsschwankungen mit den bekannten negativen Folgen.
Die Lösung: Blindleistungs-Kompensation
Darstellung: Das entlastete Netz.
Wenn die induktive oder kapazitive Blindleistung z. B. durch einen Kondensator oder eine Drossel bzw. durch eine automatische Blindleistungs-Kompensationsanlage vor Ort kompensiert wird, entfällt der Bezug von Blindleistung vom Energievesorgungsunternehmen teilweise oder ganz. Am wirksamsten ist die Blindleistungs-Kompensation, wenn sie verbraucher- und zeitnah erfolgt.
Darstellung: Blindleistungs-Kompensation.
Der Motor nimmt wie bisher 500 kW Wirkleistung (P) auf, die Blindleistung (Q1) des Motors wird mit Qkomp voll kompensiert , und das Netz wird nur noch mit einer Scheinleistung (S2) von 500 kVA, also zu 100 % mit Wirkleistung belastet. Die Blindleistungs-Kompensation führt zu einer Netzentlastung von 43 % (von 143 % auf 100 %, bezogen auf die Nenn-Wirkleistung).
Die wirtschaftlichen Vorteile der Blindleistungskompensation
Einsparen von Blindenergiekosten
Am Beispiel eines Industriebetriebs mit einer mittleren Leistung von 500 kW, einem durchschnittlichen cos φ von 0,7
und 4000 Betriebsstunden pro Jahr. Der Energieversorgungstarif gestattet zur Zeit noch, 50 % der Wirkarbeit als Blindarbeit
kostenlos zu beziehen. Dies entspricht einem geforderten cos φ von 0,9.
Bei Einsatz einer Kompensationsanlage von SYSTEM ELECTRIC amortisiert sich die Investition oft schon im ersten Jahr.
Dies zeigt die enorme Wirtschaftlichkeit von Blindleistungs-Kompensation.
Zusätzliche Einsparung von Wirkenergiekosten durch Reduzierung der Verluste
Die vorgenannte Beispielfirma hat, wie jeder Energieverbraucher, Verluste im eigenen Netz und bezahlt dafür Wirkenergiekosten. Durch Blindleistungs-Kompensation wird die Scheinleistung im Netz der Firma gesenkt und damit auch die Verluste. Neben den Blindenergiekosten senkt die Blindleistungs-Kompensationsanlage zusätzlich auch die Wirkarbeitskosten, und zwar umso mehr, je höher der cos φ angehoben wird.
Energieabrechnung
Arbeit Tagestarif 2.000.000 kWh | ||
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Blindarbeit | Tagestarif | 2.040.408 kvarh |
Blindarbeit | frei | 1.000.000 kvarh |
Blindarbeit | kostenpflichtig | 1.040.408 kvarh |
x 0,013 Euro / kvarh | = | 13.525,- Euro |
Erforderliche Leistung 268 kvar |
||
Gewählte Anlage | 12 x 25 = 300 kvar, 5,67 % verdrosselt | |
Investition inkl. Installation | = | ca. 8.800,- Euro |
Amortisationszeit | = | ca. 8 Monate |
Bei Abrechnung nach Leistungstarif und zur optimalen Netzentlastung kann eine Kompensation auf einen Ziel-cos φ nahe 1 sinnvoll sein. |
Senken von Investitionskosten
Die Beispielfirma plant, die vorhandenen Verbraucher von 500 kW um 200 kW zu erweitern.
Der installierte Transformator mit einer Leistung von 800 kVA hat bisher ausgereicht, wäre nach der Erweiterung jedoch überlastet.
Ein weiterer Netzausbau mit Transformator, Schaltanlage, Kabel, Verteilung usw. würde erforderlich.
In diesem Fall kann die Scheinleistung durch Blindleistungs-Kompensation über den geforderten cos φ von 0,9 hinaus soweit gesenkt werden,
dass der bisherige Netzausbau ausreicht. Eine Blindleistungs-Kompensationsanlage ist hier deutlich kostengünstiger als ein Netzausbau
und spart darüber hinaus weitere Stromkosten.
Innovative, netzoptimierende Blindleistungs-Kompensation kann mehr
Verbesserung der Spannungsqualität, der Versorgungs- und Prozess-Sicherheit
Weitere besonders positive Effekte sind durch verdrosselte und dynamische Blindleistungs-Kompensationsanlagen zu erreichen.
Optimal ausgelegt (kapazitiv, induktiv oder gemischt schaltend) können solche Anlagen die Netzrückwirkungen erheblich reduzieren.
Diese positiven Effekte hängen wesentlich von der optimalen Verdrosselung, von der Reaktionsgeschwindigkeit
und der Intelligenz der Regelung ab. Aber auch die Energieeffizienz, d.h. der Eigenverbrauch, sollte ein Kriterium bei der Auswahl einer Blindleistungs-Kompensationsanlage sein.
SYSTEM ELECTRIC-Anlagen zeichnen sich durch hohe Energieeffizienz aus.
Symbolische Darstellung eines von Blindleistung und Oberschwingungen entlasteten Systems.
Entlastung der Verteilnetze, CO2-Reduzierung
Wie zuvor im Zusammenhang mit den zusätzlichen Übertragungsverlusten dargestellt, entlastet die Blindleistungs-Kompensation das Stromnetz vom vermeidbaren Transport von Blind- und Wirkleistung. Aktuell wird immer klarer, dass die Stromnetze durch zunehmenden Stromhandel über Landesgrenzen hinaus, die steigende Einspeisung von Sonnen- und Windenergie an verbraucherfernen Orten, an seine Grenzen stößt. Auch wenn die Blindleistungs-Kompensation
den Netzausbau nicht grundsätzlich ersetzen kann, würden durch die entstehende freie Leitungskapazität bei optimierten Einsatz der Blindleistungs-Kompensation bzw. bei einer Erhöhung des Ziel-cos φ bis in die Nähe von 1 Engpässe gemildert und dringend benötigte Zeit für den Netzausbau gewonnen werden. Darüber hinaus würden sich die CO2-Emissionen erheblich reduzieren. Ein Ziel-cos φ nahe 1 wäre also auch ein Beitrag zum Umweltschutz.
Die Vorteile innovativer, netzoptimierender Blindleistungs-Kompensation auf Länderebene
Netzverluste - Stand und Potenzial in Deutschland
Durch Blindleistungskompensation sinkt die Scheinleistung und dazu proportional die Strombelastung im Netz.
Faustregel: 5 % weniger Strom > 10 % weniger Verluste.
Ein Maß für den Blindleistungsanteil im Netz ist der Leistungsfaktor cos φ. In der nebenstehenden Grafik sind Strombelastung und
Netzverluste auf 100 % bei einem cos φ von 1, d. h. bei vollständiger Blindleistungskompensation, normiert.
Je niedriger der Leistungsfaktor, desto höher sind Blindleistung, Strombelastung und Netzverluste. Dies gilt sowohl für das eigene
Verteilungsnetz des Energiekunden (Industrie- oder Sondervertragskunde) als auch für die öffentlichen Übertragungs- und
Verteilungsnetze, die der Energiezuführung dienen.
Hier wird das hohe Entlastungspotenzial, das ein cos φ nahe 1 bietet, sichtbar.
Umfangreichere Informationen zu diesem Thema finden Sie in der Studie: "Beitrag industrieller Blindleistungs-Kompensationsanlagen und -verbraucher für ein innovatives Blindleistungs-Management in der Stromversorgung Deutschlands" des ZVEI-Fachverbandes Starkstromkondensatoren.
Strombelastung u. Netzverluste abhängig vom Leistungsfaktor
Blindleistungs-Kompensation senkt die Netzverluste in Deutschland und reduziert die CO2-Emission
Der Einfluss der Blindleistungskompensation auf die Höhe der Netzverluste wird durch drei Szenarien betrachtet:
Szenario 1: Ohne BLK | Szenario 2: Teil-BLK | Szenario 3: Ziel-BLK |
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Netzverluste ohne die bestehenden Blindleistungs-kompensations-Anlagen | Heutiger Stand mit Teil- Blindleistungskompensation auf einen Leistungsfaktor von 0,90 | Netzverluste mit Blindleistungs-kompensation auf einem Leistungsfaktor von 0,95 |
Der Vergleich von Szenario 2 mit Szenario 1 zeigt:
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Der Vergleich von Szenario 3 mit Szenario 2 zeigt:
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Durch optimale Netzentlastung auf einen Leistungsfaktor - cos φ > 0,95 bis nahe 1 lassen sich sowohl bei den Netzverlusten als auch bei der CO2-Emission weitere erhebliche Einsparungen erzielen. |
Blindleistungskompensation in Deutschland